Cayman gegen Cayman GTS. Wieviel Leistung braucht ein Cayman damit er sich wie ein echter Porsche anfühlt. Kann der Einstiegs-Cayman mit dem kleinen 2.7 Liter Sechszylinder den ganzen Fahrspass bieten, was trennt ihn vom nominell 65 PS stärkeren Cayman GTS mit dem großen 3.4 Liter Boxermotor außer dem deutlich höheren Preis. Ein Vergleich von zwei ungleichen Brüdern.

Antriebstechnisch basieren die Cayman-Versionen S und GTS auf dem 3.4 l Basis-911. Abgesehen von einbaubedingten Anpassungen sind die Triebwerke baugleich. Der Cayman GTS liegt auch bei der Leistung praktisch gleichauf. Abgestimmt wurde der Motor auf eine Nennleistung von 340 PS, zehn weniger als beim 911. Der Einstiegs-Cayman dagegen hat noch das kleine 2,7 Liter Sechszylinder-Aggregat aus dem Cayman Vorgängermodell von 2007. Technisch sind jedoch beide Direkteinspritzer-Triebwerke auf demselben hohen Stand der Technik.

Die Frage ist: bietet das Cayman-Einstiegsmodell für rund 50.000 Euro das volle Sportwagenerlebnis, oder braucht es dazu den anderthalbfachen Aufschlag den der Cayman GTS erfordert.

Unser Test-Cayman ist ein ausgesprochen gut proportionierter Sportler. Das Dunkelblaumetallic mit den silbernen 20-Zoll Carrera S Felgen und die schwarze Lederausstattung sitzt und passt wie ein Brioni-Anzug. Klar schlägt sich die Ausstattung nochmal heftig auf den Grundpreis nieder. Aber das ändert nichts am Verhältnis. Der Einstiegs-Cayman wäre auch ohne all diese Extras ein höchst gelungener Sportwagen. Leicht, schnell, handlich. Und seine 275 PS sind für einen derart kompakten Flitzer keine Spassbremse.

Der Sechszylinder mit seinen 2706ccm Hubraum lässt die Pferdchen derart locker springen, dass der Drehzahlmesser freudig mithüpft. Drehfreudig, kreischend und dabei erstaunlich drehmomentstark. Dabei liefert der Motor sein maximales Drehmoment über einen wesentlich breiteren Bereich als es der stärkere GTS kann. Zwischen 4500 und 6500 Umdrehungen liegen beim kleinen Cayman konstant 290 Nm an und den Begrenzer knackt er mit Leichtigkeit bei 7800 Umdrehungen. So läuft ein gut abgestimmter Sportmotor.

Der Cayman GTS ist, abgesehen vom exklusiven brandneuen GT4, das Topmodell der Baureihe und kratzt in der Testwagenausstattung mit gut 98.000 Euro schon an der 911er Marke. Dafür bringt die GTS-Version ab Werk schonmal die elektronische Dämpferregelung PASM, das Sport Chrono Paket mit Sport und Sport Plus Modus und dynamischen Getriebelagern, die Bi-Xenon Scheinwerfer mit dem Porsche Dynamic Light System und nicht zuletzt die Sportabgasanlage mit ins Spiel. Zusammen schlagen sie mit 7300 Euro zu Buche, bleibt ausstattungsbereinigt immer noch ein Preisunterschied zum GTS von gut 15000 Euro.

Eine Menge Holz für ein paar schwarze Applikationen rund ums Fahrzeug und etwas Alcantara im Cockpit könnte man sagen. Wäre da nicht noch das gut 3.4 Liter große Boxer-Triebwerk hinter den Sitzen das schon nach den ersten Umdrehungen klarstellt wer eigentlich Chef ist im Ring. Mit der serienmäßigen Sportauspuffanlage und der Resonanzsauganlage lässt der GTS den kleinen Bruder akustisch wie einen Hänfling wirken. Gegen das sonore Blubbern klingt der kleine Motor fast schon blechern. In Fahrt gekommen hält der GTS seine im Leerlauf angekündigten Versprechen. Wenn das Gaspedal durchgedrückt bleibt, bietet der 340 PS starke Boxer jenen nachdrücklichen Schub im mittleren Bereich der furios bis zum roten Bereich anhält. Das kann der kleine Cayman nicht bieten.

Hubraum ist eben durch nichts zu ersetzen, außer durch noch mehr Hubraum. Im GTS erfährt das alte Sprichwort erneut Bestätigung.
Porsche Cayman GTS, Porsche Cayman

Auch wenn der kleine Cayman hier vorprescht, emotional hat der GTS klar die Nase vorn

Doch der Cayman beweist seine Qualitäten mit objektiv überzeugender Fahrdynamik. Das subjektiv rasante Fahrerlebnis im GTS wird auf der Landstrasse überraschend schnell relativiert, wenn die beiden Caymänner gegeneinander antreten. Da wird der Vorsprung den der GTS bei den Werten von Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung aufweist, schnell zur reinen Theorie. Die alte San Bernardino Passstraße ist ein praxisgerechtes Messlabor. Wir nutzen die rund 12 Kilometer bergauf und wieder bergab auf der Südseite des Passes. Schnelle Kurven, enge Serpentinen, guter Asphalt, kein Verkehr. Der Pass ist gesperrt, die Straße endet im Frühjahr irgendwann vor der Schneewand. Ein ideales Testrevier für die beiden Mittelmotor-Sportwagen.

Also alle Systeme wie Verbrauch und Beschleunigungs-Sensor auf Null gestellt, Sporttaste gedrückt und das Fahrwerk auf Sport Modus gestellt. Dann wird der Berg gestürmt, beide Autos dicht hintereinander, mal sehen ob der starke Cayman den Kleinen hinter sich lassen kann.

Schmelzwasser das stellenweise über die Fahrbahn rinnt sorgt für heftigen Einsatz der elektronischen Assistenzsysteme. Die Stabilitätskontrolle PSM und das ABS sind im Dauereinsatz. Auf dieser Strecke beweisen sie eindrucksvoll, dass sie weit mehr sind als selbstverständlich gewordene Buchstabenkürzel. Hier bewahren sie uns schlichtweg davor gegen die Wand zu klatschen. Ganz gleich wie die Kurve aussieht, egal ob im ersten, zweiten oder dritten Gang, ganz gleich ob nass oder trocken. Beim Beschleunigen aus den engen Kurven einfach Vollgas geben und die Elektronik beherrscht die Situation ziemlich souverän. Anbremsen, eigentlich viel zu spät, das ABS regelt und im letzten Moment voller Lenkeinschlag, wieder hält die Elekronik die Caymans auf Kurs, stabilisiert vor und in den Kehren durch gezielten Bremseingriff.

Porsche Cayman GTS, Porsche Cayman

Trotz satter Leistungsdifferenz bleibt das Cayman-Duell ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen

Wird die Fahrbahn nass feiert die Physik ihren Triumph über die Elektronik. Kurzfristig zumindest, wenn wilde Drifts den Cayman quer stellen bevor ihn die Elektronik wieder einfängt. Wenn die Hände schwitzig werden und die Querbeschleunigung längst die eins Komma-Marke überschritten hat, fällt das extrem griffige Alcantara-Lenkrad und die mit Alcantara bezogenen Mittelbahnen der Sitze auf. Perfekter Grip und Halt. Die Ausstattung des GTS-Cockpit mit dem rutschfesten Material spiegelt die Erfahrung aus dem Rennsport.

Zweimal bergauf und bergab, Autos und Fahrer durchgewechselt. Beide Fahrzeuge waren bereift mit Pirelli Pzero Reifen, aufgezogen auf 20 Zoll-Felgen, zudem ausgestattet mit Sport Chrono Paket und PASM. Für die Verzögerung vertrauten beide Kandidaten auf die Standardbremsanlage, wobei die GTS-Stahlscheiben vorne mit 330 mm Durchmesser etwas größer sind als die Cayman-Scheiben mit 315 mm. Gleichermaßen wirkungsvoll und standfest sind beide.

Porsche Cayman GTS, Porsche Cayman

Dem GTS gehört das schnelle Geläuf. In engen Serpentinen kann er nicht punkten

Auf unserer kurzen, heftigen Bergprüfung hat es der Cayman GTS nicht geschafft wirklich Meter gut zu machen. Ganz gleich welcher Fahrer am Steuer saß, egal ob bergab oder bergauf. Der anschließende Blick auf die Meßwerte des Gyro-Sensors im Display brachte Aufschluß. Bei der Längsbeschleunigung hatte der GTS die Nase vorn. Kein Wunder angesichts der vorhandenen Mehrleistung. Bei der Querbeschleunigung, sowohl in Rechts- als auch in Linkskurven zeigte dagegen der Basis-Cayman höhere Werte. Die Elektronik bremste den GTS ein, der war im Gegensatz zum Basis Cayman mit Torque Vectoring (PTV) ausgestattet. Das machte den GTS wohl superhandlich und stabil aber in den engen und meist rutschigen Kurven deutlich behutsamer. In den engen Kehren war der kräftige GTS schnell an der Haftungsgrenze und die Elektronik zügelte den Vortrieb permanent. Der leistungschwächere Cayman ohne PTV konnte seine Kraft ungestümer auf die Straße bringen, erreichte die höheren Kurvengeschwindigkeiten, die er am Kurvenausgang gegen die Mehrleistung des GTS nutzen konnte. Leistung ist eben nicht alles was zählt. Sicher verschieben sich die Verhältnisse auf der Rennstrecke, wenn der GTS sein Leistungsplus und sein fahrdynamisches Potential unter Idealbedingungen ausspielen kann. Auf der Straße besteht fahrdynamisch eine Pattsituation.


Fazit:

Die kleine Bergprüfung hat uns vor Augen geführt was sich bereits auf der Autobahn und Überland abgezeichnet hat. Die nominelle Mehrleistung von 65 PS ist im Alltag von theoretischer Bedeutung. Auch mit der schwächsten Motorisierung ist der Cayman ein faszinierendes Auto. In Sachen Fahrwerk, Komfort und Auftritt kann er alles was der GTS kann und das für einen deutlich niedrigeren Einstandspreis. Als echter Sportskamerad hat er sich bestens geschlagen und dem vorlauten GTS gezeigt was in ihm steckt. Dennoch die nötige Portion Druck die ein echter Sportwagen locker aus dem Ärmel schütteln muss, verbunden mit dem ungefilterten Porsche-Boxersound liefert der durchtrainierte GTS so überzeugend wie keiner seiner Brüder.

Text: Andreas Illg, Fotos: T&T

Weitere Bilder zum Artikel finden Sie in unserer Galerie – Cayman und Cayman GTS.

Die komplette Geschichte inklusive ausführlicher Information zur Technik lesen Sie in 9ELF-Magazin für Porsche-Enthusiasten Ausgabe 03/2015.


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